»Hinter jeder Straftat steckt ein Mensch«

Wie es ist, mit Straftäterinnen oder Straftätern in seinem Berufsalltag zu tun zu haben, weiß Sascha Möbius. Seit 2011 ist er Justizvollzugsbediensteter, seit sieben Jahren im Frauengefängnis in Hamburg. 

Herr Möbius, ein Gefängnis ist sicher nicht der schönste Arbeitsplatz der Welt – was reizt Sie an Ihrem Beruf?
Sascha Möbius: Ich bin gelernter Rechtsanwalts- und Notarfachangestellter und habe schnell gemerkt, dass mir persönlich das nicht reichte. Ich wollte mehr mit Menschen zu tun haben, daher entschied ich mich für die Laufbahn des Justizvollzugsbediensteten. Der Beruf ist abwechslungsreicher und breiter gefächert, als viele vermuten. 

Die Menschen, mit denen Sie nun täglich zu tun haben, sind allerdings verurteilte Straftäterinnen ...
Sascha Möbius: Im Frauenvollzug sind Menschen, die sehr unterschiedliche Straftaten begangen haben. In allererster Linie ist mein Gedanke: Hinter jeder Straftat steckt ein Mensch, egal, ob jemand einen Mord begangen, gestohlen oder Steuern hinterzogen hat.



Leichter gesagt als getan, oder?
Sascha Möbius: Bei uns werden alle Menschen gleichbehandelt. Tatsächlich ist das manchmal eine große Herausforderung. Als junger Bediensteter fand ich jeden Fall so spannend, dass ich alle Akten vorab gelesen habe. Seitdem ich selbst Vater geworden bin, gehen mir manche Straftaten deutlich näher. Ich stand beispielsweise einer Mutter gegenüber, von der ich bereits wusste, dass sie ihr Kind mit einem Kissen getötet hat. Seitdem habe ich beschlossen, keine Akten mehr zu lesen. Ich will unvoreingenommen auf die Frauen zugehen können und für jede von ihnen Ansprechpartner sein. 

Was macht dieser Beruf mit dem eigenen Menschenbild?
Sascha Möbius: Es gibt nicht die eine Gruppe der Straftäterinnen und die gängigen Vorurteile bestätigen sich auch nicht. Wie überall, sind auch im Vollzug alle Menschen unterschiedlich. Deshalb versuche ich, immer den Menschen zu sehen. Auch wenn es zum Beispiel Wiederholungstäterinnen sind. Es gibt Frauen, die ich nun schon zum zweiten oder dritten Mal sehe. Das ist aber weniger frustrierend, als es vielleicht klingt – es entspricht einfach der Realität. 

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