Nah am Leben
Christine Hofstetter übt als Rechtspflegerin einen Beruf aus, den die wenigsten wahrnehmen, der aber zu den Säulen unseres Justizwesens zählt. In ihrer Laufbahn hat sie schon viele Aufgabenbereiche übernommen: Von Strafsachen bis hin zu Erbschaftsangelegenheiten – Christine Hofstetter lernte so manche menschlichen Schicksale kennen.
Es ist ein Fall, der der Rechtspflegerin besonders in Erinnerung geblieben ist. Nach dem Tod eines Familienvaters stellte sich auf Grund ihrer Arbeit heraus, dass die zwei mittlerweile erwachsenen Männer, die er mit großgezogen und für die er zeitlebens der Vater war, nicht seine leiblichen Kinder waren. Es waren die Kinder seines im Krieg verstorbenen Bruders. Da es kein Testament gab, kamen die beiden Männer nicht als Erben zum Zuge. In diesem Fall waren die Ehefrau und weitere Verwandte die Erben des Vermögens. Die beiden vermeintlichen Söhne gingen leer aus.
„Man ist sehr nah am Leben, auch wenn es um den Tod geht,“ stellt Hofstetter fest. Zu der Zeit im Jahr 2000 war Christine Hofstetter noch am Nachlassgericht in Obernburg am Main dafür zuständig, die Erben zu ermitteln.
Ein Beruf mit Perspektivwechsel
Der Beruf der Rechtspflegerin bzw. des Rechtspflegers kennt verschiedene Schwerpunkte. In den sieben Jahren am Landgericht Würzburg arbeitete Christine Hofstetter unter anderem auch in der Rechtsantragsstelle in Strafsachen. „Das war spannend, weil es gelegentlich zum Perspektivwechsel kam. Es gehörte zu meinen Aufgaben, im Gefängnis Anträge von Strafgefangenen aufzunehmen. Dabei ging es meist um Beschwerden gegen die Maßnahmen der Justizvollzugsanstalt.“
Mittlerweile ist die 44-Jährige am Schweinfurter Landgericht als Bezirksrevisorin für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, wie beispielsweise Beschwerden gegen die Festsetzung von Gerichtskosten, verantwortlich. „Ich vertrete die steuerzahlende Allgemeinheit, die natürlich auch ein Interesse daran hat, dass nur diejenigen Hilfe aus der Staatskasse bekommen, die auch tatsächlich bedürftig sind.“
In ihrem Beruf ist die Unabhängigkeit ein großer Wert. Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger entscheiden nach Recht und Gesetz und nicht auf Weisung eines Präsidenten oder einer Präsidentin des Landgerichts bzw. des Direktors oder der Direktorin am Amtsgericht. „Diese Unabhängigkeit empfinde Hofstetter nicht als Druck, sondern als Verantwortung: „Der Job macht mir auch deshalb so viel Spaß und es gibt klare Regeln. Diese Regeln sind die für alle gleich anzuwendenden Gesetze.“
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